Planer und Handwerker haften persönlich, wenn sie PV-Anlagen nicht korrekt installieren und dadurch Schäden entstehen. Viele sind sich ihrer Verantwortung jedoch gar nicht bewusst. Christian Ganahl, CTO von Aerocompact, gibt einen Überblick über die geltenden Normen und die Gefahren und informiert Planer und Installateure, wie man sich bestmöglich schützt.

Das Inverkehrbringen von Bauprodukten wird von der europäischen Bauproduktenverordnung 305-2011 geregelt, die wesentliche Merkmale in harmonisierten Normen präzisiert. Weil es derzeit jedoch keine harmonisierte Norm für Photovoltaikanlagen auf Flachdächern gibt, kommt die EN 1090 Norm zur Anwendung, welche die Herstellung und Montage von Stahl- und Aluminiumkonstruktionen regelt. Auf Basis dieser Norm hat jeder Hersteller, der ein Produkt in den Verkehr bringt, eine Leistungserklärung zu erbringen und das Produkt mit CE-Kennzeichen zu versehen.

Die CE-Kennzeichnung allein reicht aber nicht aus, damit der Installateur bei einem Schadensfall die Haftung weiterreichen kann. Er muss außerdem über einen statischen Nachweis verfügen und belegen, dass er die Solarstromanlage fachgerecht installiert, sich an die Montageanleitung und gegebenenfalls vorliegende Ballastierungspläne gehalten hat.

Bildquelle: AEROCOMPACT
Bildquelle: AEROCOMPACT

Schäden durch falsche Voreinstellungen

Das Problem dabei: Gerade im Residential-Bereich wird nicht jedes Mal neu geplant, sondern die Installation einfach immer gleich durchgeführt. Seriöse Solarteure und Installationsfirmen nutzen zur Planung jeder Anlage ein PV-Planungstool, mit dessen Hilfe bei gewissenhafter Eingabe der Planungsparameter alle für eine Installation notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt werden und ein statischer Nachweis erstellt wird, der dem Projektbericht entnommen werden kann. In der Praxis übernehmen viele Planer jedoch Voreinstellungen der Software bzw. akzeptieren auch Planungsergebnisse, welche die zulässige Ausnutzung der Bauteile überschreiten. Da aber zahlreiche Hersteller Bauteile sehr knapp bemessen, die Wetterereignisse immer extremer werden und sich die Gegebenheiten vor Ort zum Teil deutlich unterscheiden, kann diese Vorgehensweise zu erheblichen Schäden führen.

Der österreichische Montagesystemexperte Aerocompact hat daher in Aachen eine hausinterne Forschungs- und Normierungsabteilung aufgebaut, die seit 2021 von dem international bekannten Windingenieur Dr. Thorsten Kray geleitet wird und sich der angewandten Forschung im Bereich der Statik von Photovoltaiksystemen widmet. Das Team kümmert sich in enger Abstimmung mit Aerocompacts hauseigener Softwareabteilung um die kontinuierliche Weiterentwicklung des Programms AEROTOOL. Im Vergleich zu Wettbewerbern gehen Aerocompacts Ingenieure dabei einen sehr konsequenten Weg. Aufgrund der engen Zusammenarbeit zwischen angewandter Forschung und Softwareentwicklung im eigenen Haus gelingt Aerocompact der kompromisslose Spagat zwischen Kostenoptimierung und Sicherheit.

Wie ein Schachcomputer

Die Forschungsergebnisse werden zunächst in mathematische Algorithmen umgewandelt. Auf dieser Basis programmiert das Team dann den Optimizer, der wie ein Schachcomputer funktioniert und das Planungsergebnis für jedes spezifische Projekt weiter optimiert. Dabei berücksichtigt der Optimizer nicht nur unterschiedliche Schnee- und Windlasten, sondern auch länderspezifische Normen, gebäudeseitige Einflussgrößen und Tragfähigkeiten. Je nach Ballast, statischen Nachweisen, Wind- und Schneelasten, etc. wählt das AEROTOOL dann – nach Baukastenprinzip und kostenoptimiert – die entsprechenden Komponenten aus.

Gegen Abstürze gesichert: Mit schienen- und seilbasierten Absturzsystemen. Bildquelle: AEROCOMPACT
Gegen Abstürze gesichert: Mit schienen- und seilbasierten Absturzsystemen. Bildquelle: AEROCOMPACT

Im Anschluss werden die Planungen überprüft. Für diesen Zweck hat Aerocompact eine eigene Abteilung, das „Verification Engineering“ eingerichtet. Die Prüfingenieure sind Teil des Software-Entwicklungsprozesses und dafür verantwortlich, die definierte Statik im programmierten Code der Software abzunehmen. Auf dieser Basis programmiert die Qualitätsabteilung der Software die Testautomation, welche jede Nacht automatisch die Validität der statischen Anwendung überprüft und sicherstellt. Jedes neu implementierte Feature wird von der Testautomation überprüft. Soweit wir wissen, sind wir in Europa der einzige Montagesystemhersteller mit Testautomation.

Auf alles vorbereitet

Unser Ziel: unser Regelwerk für alle Eventualitäten abzudecken. Damit das funktioniert, holen wir regelmäßig Feedback unserer Kunden ein. Daraus lernen wir, mit welchen Anforderungen sie konfrontiert sind und definieren auf dieser Basis weitere Verbesserungen unserer Software.

Weil wir unser AEROTOOL kontinuierlich weiterentwickeln, haben Planer mit unserem System mehr Möglichkeiten. So können sie die Lasten bei einer Traglastlimitierung beispielsweise aufteilen und bei Bedarf zusätzlich Anker setzen, um den Ballast weiter zu reduzieren. Unser Flachdachsystem SN2 hat allein fünf verschiedene Ballastpositionen. Weil unsere Softwareentwicklungsabteilung für jede Situation das Optimum berechnet, gelingt es uns ohne Kompromisse bei der Sicherheit, konkurrenzfähige Ergebnisse zu liefern.

Optimal geschult

Für ein optimales Planungsergebnis und um zu garantieren, dass die Planung des Projekts auch bei herausfordernden Situationen gelingt, bieten wir unseren Kunden eine Vielzahl von Einstellungsmöglichkeiten. Um diesen komplexen Anforderungen gerecht zu werden, steht unser Software-Support-Team unseren Kunden jederzeit zur Verfügung. Wir haben ein Ticketsystem mit einer 24-Stunden-Antwortgeschwindigkeit eingeführt. Außerdem werden neue Lizenznehmer mit einem Onboarding umfassend geschult.

Dachflächen ausnutzen, integrierter Blitzschutz spart Kosten

Während der äußere Blitzschutz von darauf spezialisierten Experten geplant wird, stellen wir als Rackinghersteller sicher, dass unser System in den Blitzschutz eingebunden und blitzstromfähig ist. Um ein System in den Blitzschutz einzubinden, muss es einen Strom von 50.000 Ampere aushalten. Wenn man Fangstangen direkt an eine Unterkonstruktion montieren will, muss das System blitzstromfähig sein und 100.000 Ampere aushalten. Wir haben unser SN2 Flachdachsystem auf 100.000 Ampere geprüft.

Weil die Querschnitte unseres Systems mehr als ausreichend sind und den Anforderungen der gültigen Blitzschutznorm entsprechen, benötigt man keine weiteren Modifikationen. Der externe Blitzschutzexperte muss lediglich eine Verbindung von unserem System zu dem bestehenden Blitzschutz erstellen. Das kann er einfach und bequem mit unserer Klemme WLC 8-10 und einem Aluminiumdraht oder einer gleichwertigen Klemme erledigen. Dabei muss er für unser Flachdachsystem SN2 zum Beispiel das Anzugsmoment von 10 Nm einhalten.

Vor Abstürzen schützen

Für die Absturzsicherung arbeiten wir mit unserem Partner Innotech aus Österreich zusammen. Bei dieser Lösung kann man zwischen einer schienen- und einer seilbasierten Version wählen. Während die seilbasierte Sicherung günstiger ist, bietet die schienenbasierte Variante mehr Flexibilität. Wichtig ist, dass genügend Ballast – mindestens vier Module bzw. 600 bis 800 Kilogramm pro Modulfeld – zur Verfügung steht. Bei sehr geringen Windlasten ballastieren wir bei Bedarf zusätzlich. Dadurch verhindern wir, dass eine abstürzende Person zu Boden fällt.

Die Normen von morgen mitgestalten

Das Thema Sicherheit liegt uns sehr am Herzen. Deshalb arbeiten wir in diversen Ausschüssen mit. Unter anderem erstellen wir gerade mit anderen Experten eine harmonisierte Norm für Installationen auf Flachdächern in Deutschland mit Neigungen von bis zu 10 Grad. Als Leiter der Arbeitsgruppe zu Anhang A des Normenausschusses zur zukünftigen DIN 18199 mit dem Titel „PV- und Solaranlagen auf oder an Dächern“ ist unser Experte Dr. Thorsten Kray für die Ausarbeitung von Windlasten auf Solaranlagen zuständig. Darüber hinaus ist Dr. Kray auch Hauptautor des im Januar 2024 erscheinenden Merkblatts der Windtechnologischen Gesellschaft e.V. über „Windkanalversuche in der Bauwerksaerodynamik“, welches u.a. die versuchsgestützte Ermittlung von Windlasten auf dachgebundene Solaranlagen regelt. Außerdem engagiert sich Dr. Kray in der Fachgruppe Bautechnik des Bundesverbands Solarwirtschaft e.V. und hat seine jahrzehntelange Expertise im Bereich der Untersuchungen in Grenzschicht-Windkanälen an Solaranlagen in das „Hinweispapier zur Bemessung von Montagesystemen auf Grundlage von Windkanalversuchen“ einfließen lassen.


Autor: Christian Ganahl, CTO von Aerocompact

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