Christian Kerschl ist Maschinenbauingenieur und hat sich im Jahr 2000 mit seiner Familie den Traum vom eigenen Sonnenhaus erfüllt. Nach gut einem Jahr Bauzeit war das 170 Quadratmeter große Einfamilienhaus im niederbayerischen Deggendorf bezugsfertig. Bereits vor 23 Jahren entstand hier ein Wohnhaus, dessen Wärmebedarf zu 50 Prozent mit Sonnenenergie gedeckt wird. Den Rest übernimmt ein Pelletofen mit dem klimaneutralen Brennstoff Holz. Bis heute läuft die Anlagentechnik stabil und ohne größere Reparaturen.

Außenansicht. Bildquelle: Sonnenhaus-Institut, Sebastian Schels
Außenansicht. Bildquelle: Sonnenhaus-Institut, Sebastian Schels

Auch ohne Wärmepumpe im Haus kann die Technik aus heutiger Sicht als wegweisend für die Gestaltung der Wärme- und Energiewende in privaten Gebäuden angesehen werden. Seit 20 Jahren zeigt das Sonnenhaus-Institut e. V., wie mit Hybridanlagen ein Maximum an Solarenergie für Wohnzwecke genutzt werden kann, ohne auf Komfort zu verzichten.

Leider konnte sich diese Idee nicht auf breiter Front durchsetzen, da die zusätzlichen Investitionen für solch weitsichtige Konzepte lange Zeit von denen belächelt wurden, die sich auf billiges Öl und Gas verlassen wollten. Heute sieht das die Mehrheit anders, und deshalb soll hier gezeigt werden, wie das seit mehr als zwei Jahrzehnten bewährte System funktioniert und welche Besonderheiten es gibt.

Das Haus in Holzständerbauweise ist mit einer Gesamtdämmstärke von 34 cm für die Wände und 41 cm für das Dach sehr gut gedämmt. In Verbindung mit einer kontrollierten Wohnraumlüftung erreicht das Gebäude nahezu Passivhausstandard. Mit 18 Quadratmetern Solarthermie gewinnt das Haus solare Wärme, die in einem 4000 Liter fassenden Jenni-Speicher gespeichert wird. Die thermische Anlage konnte übrigens komplett auf dem benachbarten Carport montiert werden, so dass das Dach des Hauses frei blieb, wo inzwischen zwei Photovoltaikanlagen Platz gefunden haben. Je nach Länge und Intensität des Winters bewegt sich der Brennstoffverbrauch seit Jahren zwischen 1,2 und 1,5 Tonnen Pellets. Mit Ausnahme der jüngsten Hochpreisphase, die sich derzeit wieder entspannt, lagen die Heizkosten damit in den letzten Jahren bei etwa 300 bis 350 Euro pro Jahr.

Mit 34 cm Dämmdicke bei den Außenwänden und kontrollierter Wohnraumlüftung liegt das EFH nahe am Passivhausstandard. Bildquelle: Sonnenhaus-Institut, Sebastian Schels
Mit 34 cm Dämmdicke bei den Außenwänden und kontrollierter Wohnraumlüftung liegt das EFH nahe am Passivhausstandard. Bildquelle: Sonnenhaus-Institut, Sebastian Schels

In den Räumen mit Steinböden ist eine Fußbodenheizung vorhanden. Mehrere Räume haben jedoch keine Heizung, da die Temperaturunterschiede durch die Lüftungsanlage weitgehend ausgeglichen werden. Auch im Wohnzimmer gibt es keine Fußbodenheizung, denn hier befindet sich der Pelletofen (maximale Leistung 10 kW), der je nach Komfortbedürfnis der Bewohner in Betrieb genommen wird. Sobald der Ofen brennt, werden rund 70 Prozent der Wärme über den integrierten Wasserwärmetauscher in den Speicher geleitet. Mit dem Vereinsmotto des Sonnenhaus-Instituts „Wärme, Strom und Mobilität“ können sich die Kerschls voll identifizieren. Das Haus hat nicht nur einen hohen Autarkiegrad bei Heizung und Warmwasser, sondern vor allem auch beim Strom. Die erste Photovoltaikanlage, die 2004 installiert wurde, war eine reine Einspeiseanlage mit einer Leistung von 6,4 kWp.
Im Jahr 2017 kam eine 14,2 kwP-Anlage für den Eigenverbrauch hinzu, die durch einen 10 kWh-Stromspeicher unterstützt wird. Eine durchaus sinnvolle Investition, denn im Haushalt leben immerhin vier Personen und mittlerweile gibt es zwei Elektroautos, mit denen jährlich 30.000 Kilometer zurückgelegt werden.

Kerschl, der die Energieflüsse immer im Blick hat, weiß, dass er mit dieser Anlage im Jahresdurchschnitt zwischen 72 und 75 Prozent des Eigenverbrauchs für Haushalt und E-Mobilität abdeckt. Ein stolzer Wert, der bei Nutzern, die durch ihr eigenes Verhalten weniger auf Optimierung achten, vielleicht um 5 bis 10 Prozent niedriger ausfallen würde.

Die gesamte Solarthermieanlage (18 qm) fand aufgeständert Platz auf dem Carport. Bildquelle: Sonnenhaus-Institut, Sebastian Schels
Die gesamte Solarthermieanlage (18 qm) fand aufgeständert Platz auf dem Carport. Bildquelle: Sonnenhaus-Institut, Sebastian Schels

Kerschl holt mit kleinen Maßnahmen ein paar Prozent mehr heraus. Ein Beispiel: An sonnigen Tagen schließt er das Auto auch mal in der Mittagspause zum Laden an und entlädt dabei die Hausbatterie, weil er abschätzen kann, dass der Batteriespeicher im Haus bis zum Abend trotzdem wieder voll sein wird.

Bei den Antriebsmotoren für die kontrollierte Wohnraumlüftung handelt es sich zwar um sehr hochwertige und sparsame Modelle mit einer Leistungsaufnahme von nur 50 Watt. Da die Lüftungsanlage aber zu 80 % des Jahres rund um die Uhr in Betrieb ist, kommt auch hier ein beachtlicher Jahresbedarf zusammen, der aber weitgehend regenerativ gedeckt wird.

Ein durchdachtes Detail ist das 25 Meter lange Ansaugrohr der Lüftungsanlage, das Kerschl auf dem Grundstück 1,3 Meter tief in den Boden eingelassen hat. Das sorgt im Winter für eine wertvolle Vorwärmung der Frischluft, während im Sommer bei Bedarf ein Kühleffekt von etwa 1 bis 2 kW erzielt werden kann.

Auf dem Süddach des Wohnhauses war eine üppige Fläche für zwei Photovoltaik-Anlagen (6,4 und 14,2 kwP) vorhanden. Bildquelle: Sonnenhaus-Institut, Sebastian Schels
Auf dem Süddach des Wohnhauses war eine üppige Fläche für zwei Photovoltaik-Anlagen (6,4 und 14,2 kwP) vorhanden. Bildquelle: Sonnenhaus-Institut, Sebastian Schels

In diesem Jahr läuft der EEG-Vertrag für die erste Photovoltaikanlage aus. Mit dem zusätzlichen Solarstromanteil wird Kerschl den Autarkiegrad bei Strom und Wärme weiter erhöhen. Was an Strom nicht mehr selbst verbraucht wird, kann dann über einen Heizstab als Wärme in den Pufferspeicher geleitet oder im Sommer einfach wieder ins Netz eingespeist werden.

Steigenden Energiepreisen sehen Kerschl und seine Familie gelassen entgegen, denn ihr Haus macht sie weitgehend unabhängig von den Launen der Märkte. Bei Energiekosten von nur 1000 Euro im Jahr für Heizung, Strom und Mobilität ist das verständlich.

„Ein unschlagbares Gefühl“, sagt Kerschl, auch wenn er aus gesellschaftlicher Sicht bedauert, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten wegen der Mehrkosten nicht mehr Bauherren für das Konzept erwärmen konnten: „Bei teuren Einbauküchen, Marmorböden oder anderen Extras haben sich viele auch nie gefragt, ob sich das rechnet.

ECKDATEN:
Wohnfläche: ca 170 Quadratmeter
Holzständerbauweise
Solarthermie-Anlage: 18 Quadratmeter
PV-Anlage: 6,4 + 14,2 kwP
Pufferspeicher: 4000 Liter
Kontrollierte Wohnraumlüftung

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