Die Kraft der Sonne für die eigene Stromversorgung und das Stromnetz anzapfen: Das ist nicht erst seit der jüngsten Strompreisexplosion ein Megatrend bei deutschen Eigenheimbesitzern. Was viele nicht wissen: Nicht nur das Dach, auch die Fassade eignet sich hervorragend für die Stromerzeugung mit Solarmodulen. Die Stromerzeugung in der Vertikalen, die so genannte gebäudeintegrierte Photovoltaik, bietet zahlreiche Vorteile, wie der Bundesverband Flachglas (BF) erläutert.

Rund ums Haus bieten sich vielfältige Möglichkeiten zur Erzeugung von Solarstrom – sie wollen genutzt werden. Bildquelle: BAIP/HZB
Rund ums Haus bieten sich vielfältige Möglichkeiten zur Erzeugung von Solarstrom – sie wollen genutzt werden. Bildquelle: BAIP/HZB

Rund 11 Prozent des deutschen Stroms kamen im vergangenen Jahr bereits aus Solarmodulen, knapp die Hälfte des Stroms insgesamt aus erneuerbaren Quellen. Doch angesichts des enormen Bedarfs nicht nur für klassische Stromanwendungen in Haushalten und Industrie, sondern auch für immer mehr Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge ist das Ziel der Energiewende noch lange nicht erreicht. Schnelleres Wachstum ist gefragt. Gebäudeintegrierte Photovoltaik (BIPV) kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten: Integriert in Fassaden, Glasflächen oder als Sonnenschutz erzeugt sie nicht nur umweltfreundlichen Strom, sondern erfüllt auch alle Anforderungen an klassische Bauteile, die sie ersetzt oder ergänzt.

Transparente oder lichtundurchlässige Module

Die Anwendungsmöglichkeiten der BIPV sind vielfältig: In Brüstungen können opake Photovoltaik-Glasmodule mit verdeckten Solarzellen eingesetzt werden. Transparente Module mit sichtbaren PV-Zellen eignen sich z.B. für sichtbare Glasflächen am Gebäude wie Fenster, Oberlichter, Sonnendächer oder Carports. Dabei sind Modulgröße und Anordnung der Solarzellen variabel: Solaraktive Fassadenverglasungen können so angeordnet werden, dass sie optimal mit dem visuellen Komfort harmonieren. Außerdem verbessern Solarzellen an der Fassade die Raumtemperierung: Denn in bestimmten Gebäudeteilen, zum Beispiel in Atrien, kann zu viel Sonneneinstrahlung zu übermäßiger Wärmeproduktion führen. In solchen Gebäudeteilen bietet sich BIPV-Solarglas an, um die Energiedurchlässigkeit der Scheiben zu reduzieren. Das spart Klimatisierungskosten und erzeugt gleichzeitig Strom. „Anbieter aus der Glas- und aus der PV-Branche haben Lösungen für Verglasungen mit eingebetteter Photovoltaik entwickelt, die der Energiebilanz des Hauses ebenso wie der Stromrechnung guttun“, sagt BF-Geschäftsführer Jochen Grönegräs.

Gut für Klimabilanz und Energieausbeute: Eine vorgehängte BIPV-Lösung an der Fassade einer Gewerbeimmobilie. Bildquelle: AGC Glass Europe
Gut für Klimabilanz und Energieausbeute: Eine vorgehängte BIPV-Lösung an der Fassade einer Gewerbeimmobilie. Bildquelle: AGC Glass Europe

Im Mittelpunkt stehen Effizienz und Ästhetik, sei es für PV an der Fassade, an Brüstungs- und Verkleidungskomponenten oder auch auf Carports. „Je nach gewählter Lösung ist die Amortisationsdauer, sprich der Zeitraum bis sich die Investition durch Einnahmen bzw. Kostenersparnisse nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch betriebswirtschaftlich rentiert, mit klassischer PV vergleichbar. Das heißt: Solarzellen am Gebäude rechnen sich ebenso wie die Module auf dem Dach. Eigenheimbesitzer ebenso wie Inhaber von Gewerbeimmobilien sollten solch eine Investition angesichts der Entwicklung von Strompreisen und Anforderungen an den Klimaschutz daher unbedingt erwägen“, appelliert Grönegräs.

Vorteile fürs Stromsystem

Neben dem individuellen Nutzen für Eigentümer und Nutzer im Gebäude bringt die gebäudeintegrierte Photovoltaik wichtige Vorteile für das Stromsystem. Seit der Jahrtausendwende wurden Solaranlagen in Deutschland fast immer nach Süden ausgerichtet, um die gesetzlich festgelegte Einspeisevergütung zu optimieren. Dies führt nun dazu, dass wir mittags und am frühen Nachmittag regelmäßig eine geballte Ladung Solarstrom haben, während zu den Spitzenverbrauchszeiten am frühen Abend der Solarstrom fehlt. BIPV entschärft dieses Problem. Denn in den Morgen- und Abendstunden kann die BIPV im Vergleich zu einem nach Süden geneigten PV-Dach einen höheren Stromertrag liefern. Auch im Winter kann an der Südfassade ein höherer Ertrag erzielt werden. Angesichts des starken Wachstums des Wärmepumpenmarktes und des damit verbundenen steigenden Strombedarfs für die Wärmeerzeugung in den Nachmittags- und frühen Abendstunden hat die BIPV beste Chancen, einen größeren Beitrag zur Unabhängigkeit Deutschlands von Energieimporten zu leisten. „Es handelt sich um ein wichtiges, bislang leider nur ansatzweise genutztes Potenzial“, erklärt BF-Geschäftsführer Grönegräs und ergänzt: „Das Wissen für eine sichere Nutzung der BIPV ist vorhanden, aufbereitet und in der Praxis seit langem erfolgreich angewandt. Keine Kompromisse sind auch bei der Ästhetik nötig: Denn die gebäudeintegrierte PV lockert die Fassade auf und ist ein echter Hingucker nicht nur für die Außenwand, sondern auch für Brüstungen oder Balkone.“

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