Das Projekt ist ebenso ehrgeizig wie beispielhaft: In Kaiserslautern beabsichtigt ein mittelständisches Hightech-Unternehmen durch den Einsatz eines Geomassivspeichers und die Nutzung von Erdwärme den Ausstoß von CO2 drastisch zu reduzieren.

Die Baustelle in Kaiserslautern auf dem Werksgelände der Wipotec GmbH

Die Wipotec GmbH ist ein innovatives Unternehmen, das sich auf hochpräzise Wäge- und Inspektionstechnik für den industriellen Einsatz spezialisiert hat. Die Absicht des Unternehmens, Erdwärme zum ganzjährigen Heizen und Kühlen von Produktionshallen und Verwaltungsgebäuden zu nutzen, setzte die Realisierung eines 150.000 m³ großen Geomassivspeichers voraus, der auf dem Werksareal in der Westpfalz als „Naturbatterie“ im Sandstein fungiert und für den knapp 200 Erdsonden 30 Meter tief in den Untergrund gebohrt wurden.

Mitteltiefe Erdsonde in 1.500 Metern Tiefe ergänzt Geomassivspeicher
Zur Beladung dieses Speichers werden zukünftig überschüssige Wärmepotentiale aus technischen Prozessen für die Produktion (Serverraumkühlung, Drucklufterzeugung) sowie überschüssige Energie der solarthermischen Anlage und Abwärme aus der solarthermischen Kühlung in den Geomassivspeicher eingelagert. Auf diese Weise wird ein Energiereservoir geschaffen, das in der Heizperiode für die Wärmebedarfe für Raumheizung und Lüftung genutzt werden kann. Im Fall Wipotec ergab sich eine vorhandene Heizlast von 150 KW für einen Werkshallen-Neubau, der in Anlehnung an die Anforderungen gemäß Passivhausstandard derzeit realisiert wird. Da der Geomassivspeicher jedoch erst über einige Jahre beladen werden muss, und um in Zukunft anfallende Deckungsengpässe bei der Wärmeversorgung durch den Geomassivspeicher auszugleichen, entschieden sich die Verantwortlichen (Bauherr und Planer) dafür, das Versorgungssystem zusätzlich um eine mitteltiefe Erdsonde in 1.500 Metern Tiefe zu erweitern.

Otto Reisig vom gleichnamigen Planungsbüro im bayrischen Riedenburg nahm mit dem auf Tiefenbohrungen spezialisierten Unternehmen Handke International mit Sitz in Dirmstein Kontakt auf, um die genaue Vorgehensweise zu analysieren.

Koaxiale Erdwärmesonde - Wärme aus dem Erdmantel

Die Verantwortlichen entschieden sich für eine Erdwärmesondenbohrung und damit verbunden für ein geschlossenes System, das ohne unmittelbaren Kontakt zum Grundwasser und zum angrenzenden Gestein auskommt. Als Wärmeträger im geschlossenen System der mitteltiefen Erdsonde wird ausschließlich Wasser ohne jegliche Zusatzstoffe verwendet. Geochemische Prozesse, die etwa bei offenen Systemen das Grundwasser, die Geologie und die Umwelt negativ beeinflussen können und sich in der Vergangenheit bei anderen Geothermieprojekten als Sicherheitsrisiko herausgestellt haben, wurden somit von Beginn an ausgeschlossen.

Standardisiertes und umweltschonendes Bohrverfahren
Um dem Erdreich Energie in Form von Wärme abzuringen, wird zirkulierendes Wasser durch ein Koaxialsondenrohr in die Tiefe gepumpt. Über eine innere Steigleitung und durch den Druck des nachfolgenden Wassers gelangt es schließlich wieder nach oben, wobei die Erdwärme das Wasser auf ihrem Weg zurück an die Oberfläche auf die gewünschte Temperatur von 28 – 35°C bringt. Hier kann es für Verbraucher (Fußbodenheizung und Nacherwärmung von Zuluft) eingesetzt werden, ehe es in wieder erkaltetem Zustand abermals per Sondenrohr zurück in die Tiefe gelangt und sich der Vorgang wiederholt. Bei der Bohrung in Kaiserslautern genügte eine Platzgröße von 900 m2. Um die Standsicherheit des Bohrgerätes sicherzustellen, wurde vor Beginn der Arbeiten ein Bohrkeller errichtet. Das Bohrverfahren selbst gilt als standardisiert und steht für eine sichere und umweltschonende Installation der mitteltiefen Erdwärmesonde im Gestein. Die bislang realisierte erste Bohrung dient ausschließlich der Versorgung des Werkshallen-Neubaus. Um das Ziel der CO2-Reduzierung ebenfalls im Bereich der Bestandsgebäude umzusetzen, ist eine zweite mitteltiefe Erdsonde geplant.

Die mobile 50t-Bohranlage
Die mobile 50t-Bohranlage

Otto Reisig und Heiko Handke von Handke International befürworten die in Kaiserslautern gewählte Form zur Gewinnung von Erdwärme allein schon aus Gründen der Sicherheit. Das hier eingesetzte Verfahren, so Handke, stelle kein offenes System wie beispielsweise die hydrothermale Grundwassernutzung dar, bei der es im Gegensatz zur koaxialen Erdwärmesondenbohrung zu Mineralausfällungen kommen kann, die sich schädlich auf die Anlage auswirkten. Die in Kaiserslautern durchgeführte Erdwärmesondenbohrung ist laut Heiko Handke die tiefste ihrer Art in Rheinland-Pfalz.

Diese Art der Erdwärmegewinnung, so Otto Reisig, sei dank des geschlossenen Systems sicher und stelle Energie ohne CO2-Belastung bereit, die ständig erneuerbar sei und zudem ohne große Transportwege auskomme.

Wipotec GmbH, www.wipotec.com

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert